Leicht, nachhaltig und kosteneffizient – Eisengießerei setzt auf ecoCasting
Ein geringeres Gewicht von Motorenkomponenten gehört zu den zukunftsweisenden Möglichkeiten für die Einsparung von Kraftstoff und CO2-Emissionen.
Von Edgar Lange, Düsseldorf
Die Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG aus Stadtallendorf in Hessen setzt dazu etwa beim Motorblock, dem größten und schwersten Bauteil eines Verbrennungsmotors, auf extrem leichten Dünnwandguss aus dem Recyclingwerkstoff Grauguss. EcoCasting nennt sie ihre neue Marke, mit der sie sich für die automobile Leichtbau-Zukunft fit halten will.
Der aktuelle Wettbewerb der Fahrzeug-Antriebskonzepte zur CO2- und Emissionsminimierung wurde Ende Mai in Graz auf der 29. Internationalen Tagung „Motor & Umwelt“ des steirischen Unternehmens AVL diskutiert. AVL ist das weltweit größte unabhängige Unternehmen für die Entwicklung von Antriebssystemen mit Verbrennungsmotoren. Das Thema Elektromotor versus Verbrennungsmotor stand dabei ganz oben auf der Agenda. Laut AVL-CEO Helmut List zählt der Verbrennungsmotor noch lange nicht zum alten Eisen: „Moderne Verbrennungsmotor-Konzepte führen zu einem zunehmend geringeren Schadstoffausstoß und man darf dabei weiterhin mit großen technischen Fortschritten rechnen,“ hob List im Vorfeld hervor.
Grauguss in Konkurrenz zu Aluminium
Auf großes Interesse bei den Besuchern in Graz stieß in dieser Hinsicht die neue umweltfreundliche Fertigungstechnologie ecoCasting der Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG, Europas größter konzernunabhängiger Gießerei sowie Lieferant und Partner für die internationale Automobil-, Nutzfahrzeug- und Hydraulikindustrie. Eisengussteile des klassischen Tier-1-Zulieferers, der direkt an die Großen der Automobilbranche von A wie Audi bis Z wie ZF-Friedrichshafen liefert, finden sich heute in fast allem, was sich bewegt. EcoCasting ist dabei die neue Leichtbaumarke von Fritz Winter, die zu einem Umdenken im Motorenbau beitragen soll. Dahinter steckt ein neuer Gießereiprozess für Eisenguss, der es ermöglicht, etwa leichte PKW-Zylinderkurbelgehäuse zu gießen, die eine konkurrenzfähige Alternative zu Kurbelgehäusen aus Aluminium darstellen.
Eisengießerei revolutioniert
„Wir lieben es Schweres leicht zu machen“, so lautet deshalb die Maxime der Eisengießer aus Nordhessen. Doch Gusseisen und Leichtbau – was auf den ersten Blick wie ein Gegensatz klingt, wie funktioniert so etwas? Das wesentliche Merkmal des im Dünnwandguss erzeugten 4 Zylinder-Kurbelgehäuses gegenüber herkömmlichen Eisengussprozessen ist das von Fritz Winter selbst entwickelte formsandlose Gießverfahren. Der Clou: Die damit erzielte extrem dünne Wandstärke liegt bei nur 2,5 mm und dies bei überaus geringen Toleranzen von nur 0,5 mm. Überraschend ist auch, der Grauguss-Block kann mit einem Kostenvorteil von 28 Prozent gegenüber einem im Aluminium-Druckguss-Verfahren (HPDC) hergestellten punkten. Im Vergleich zum Kokillenguss ist es sogar noch deutlich mehr. Benchmark dabei ist ein 1,6-Liter-4-Zylinder-Ottomotor.
Dafür haben sich die Fritz-Winter-Ingenieure sich einiges einfallen lassen: ein kompaktes Design, eine kürzere Motorlänge mit reduziertem Zylinderabstand sowie einer optimierten Hauptlagerwand und vor allem das spezielle, bisher bei PKW-Eisengusskurbelgehäusen weltweit einzigartige Gießverfahren. „Beim Abguss ist Eisen flüssig wie Wasser und fließt in die kleinsten Hohlräume, während sich Aluminium hier vergleichsweise eher wie eine zähe Masse verhält“, verrät Richard Pausch, Director Sales der Gießerei Fritz Winter, einen Ansatz für die filigrane Struktur des neuen Blockes. Positives Ergebnis ist auch eine hohe Maßhaltigkeit. Die maximale Gewichtsabweichung zwischen CAD-Modell und fertigem Gussteil liegt bei unter 100 Gramm. Zwar ließe sich an Angaben der Stadtallendorfer noch dünnwandiger als 2 mm gießen, doch liegen die Grenzen darin, dass solch ein Teil am Ende noch putz- und strahlbar sein muss. Auch so liegt der Gewichtsunterschied gegenüber einem Aluminium Motor nur noch bei geringen 1,5 Prozent.
Aluminium war gestern
Fritz Winter versteht ecoCasting als neues Branding für sein Leichtbau-Produktportfolio. „Eco“ steht dabei sowohl für „economic“ als auch für „ecological“, also ein nachhaltiges Produkt. Denn EcoCasting-Leichtbauteile benötigen schon in der Produktion erheblich weniger Ressourcen als konventionelle Gussteile oder vergleichbare Komponenten aus Aluminium. Vor allem, weil der Rohstoff Eisenschrott ein vollständiges Recycling-Produkt ist. Von daher sehen wir uns als „Recycler der ersten Stunde“, sagt Pausch stolz und meint damit die Tatsache, dass der Rohstoff von Grauguss zu 100 Prozent aus Stahlschrott besteht. Was ein Motorblock oder eine Bremsscheibe wird, war vorher vielleicht einmal eine Eisenbahnschiene oder ein Fahrrad. Primäraluminium hingegen, von dem eine Tonne aktuell immerhin 1.900 US$ kostet, benötigt zehnmal mehr Energie in der Erzeugung als Eisenguss. „Einer unserer Slogans auf dem letzten Wiener Motorensymposium lautete daher: ‚Aluminium war gestern‘, was für das eine oder andere Schmunzeln sorgte", erinnert sich Sebastian Hahn, Marketingleiter der Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG. Bei den Automobilkunden der Nordhessen finden die Leichtbauteile jedenfalls derzeit großen Anklang: Bereits rund 800.000 ecoCasting-Zylinderkurbelgehäuse wurden bislang ausgeliefert. Damit will der Zulieferer dem Markt eine ernsthafte Alternative zu Aluminium bieten, und sich selbst fit halten für die automobile Leichtbau-Zukunft. Vertriebs-Chef Pausch sieht Eisenguss daher nach wie vor als unschlagbar kostengünstig und damit zukunftssicher. „Der Werkstoff Eisen noch lange nicht tot“, verkündet Richard Pausch zuversichtlich.
Nachgefragt: Wir sprachen mit Richard Pausch, Director Sales der Gießerei Fritz Winter in Stadtallendorf.
Wie nimmt der Markt Ihre neue Dünnwand-Gussprodukte auf?
Die Nachfrage ist rege. Denn der Markt fordert aktuell aus Gewichtseinsparungsgründen geringe Wandstärken etwa beim Zylinderkurbelgehäuse. An dieser Tatsache wird künftig kein Zulieferer vorbeikommen, um langfristig zu überleben. EcoCasting ist aktuell der umweltfreundlichste Gießereiprozess, bei dem wir weltweit führend sind. Uns ist aber auch klar, dass kein Automobilkunde auf Dauer beim Dünnwandguss ein Lieferanten-Monopol akzeptieren wird. Hier gilt es also technologisch stets am Ball und immer ganz vorne zu bleiben. Mit der konkurrenzfähigen Alternative zu Aluminium-Kurbelgehäusen sieht sich Fritz Winter auf dem Weg zu einem globalen Anbieter.
Wie ist Fritz Winter aufgestellt, wenn der Anteil der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor abnehmen und die abgesetzte Zahl an Elektrofahrzeugen zunehmen wird?
Auch in einer kommenden elektromobilen Welt sehen wir bei Fritz Winter für uns einen Markt und reichlich Chancen für neue Produkte im Dünnwand-Eisenguss, etwa bei Batterie- und E-Motorgehäusen und natürlich bei Bremsscheiben, von denen Fritz Winter ja heute schon 20 Millionen jährlich absetzt. Deswegen bauen wir auch hier auf einen Unternehmenserfolg durch Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit mit gusseisernen Leichtbaukonzepten. Unser neues und innovatives ecoCasting-Herstellungsverfahren hat uns so überzeugt, dass wir seit Anfang 2013 immerhin mehr als 50 Millionen Euro in die Realisierung dieses Prozesses investiert haben. Insgesamt fällt der Investitionsaufwand für eine Dünnwandguss-Linie sogar etwas geringer aus, als bei einer konventionellen Formkasten gebundenen Gießerei, u.a. weil die Bevorratung von Kästen und die Sandaufbereitung entfallen können.
Geht die aktuelle Diskussion im Automobil-Leichtbau, die auf Lösungen mit Aluminium-Komponenten zielt, in die richtige Richtung?
Der Automobilverkehr ist weltweit lediglich für zehn Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Dies wird aber in der gesellschaftlichen bzw. politischen Diskussion nicht immer entsprechend berücksichtigt. Dazu zählt auch die Tatsache, dass mit Aluminium-Kurbelgehäusen ausgerüstete Fahrzeuge deutlich über die durchschnittliche Fahrzeuglebensdauer betrieben werden müssen, um die CO2 Bilanz gegenüber solchen mit ecoCasting Zylinderkurbelgehäusen auszugleichen. Entscheidend sind also die Werte über die gesamte Lebenskette und da schneidet Eisenguss mit einem CO2-Ausstoß von 1.783 Kilogramm je Kilo erzeugtem Material eben deutlich besser ab, als eine im Weltenergiemix hergestellte Tonne Primäraluminiums mit ca. 6.174 Kilo CO2. Dies müssten auch die politischen Entscheider mehr berücksichtigen.
Also sehen Sie für Ihr Unternehmen durchaus langfristige Perspektiven für innovative Eisenguss-Leichtbauprodukte wie dem Motorblock?
Durchaus. Kritisch könnte es jedoch noch beim personellen Know-how für diese altbewährte Technologie werden. Denn wenn sich in wenigen Jahren niemand mehr so richtig für die Weiterentwicklung von Verbrennungsmotoren interessiert, stünden hierfür auch keine qualifizierten Ingenieure mehr zur Verfügung. Und das wäre schade.

Richard Pausch
Executive Director Global Sales and Marketing
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